Ebenso wie im analogen öffentlichen Raum haben Hass und Hetze im Internet nichts zu suchen. Mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) waren Plattformbetreiber seit 2017 daher zu einer zügigen Bearbeitung von Beschwerden über rechtswidrige Inhalte verpflichtet.

Zu einer rechtssicheren Löschpraxis bei neuen oder umstrittenen Rechtsfragen haben seit 2020 Mechanismen der Regulierten Selbstregulierung, wie sie die FSM etabliert hat, beigetragen. Mit Inkrafttreten des Digital Services Act ist das NetzDG nun mehrheitlich Geschichte. Die FSM hat ihre Arbeit in diesem Bereich daher zu Ende Juni 2023 eingestellt.

„Die Arbeit der FSM und das Konzept der Regulierten Selbstregulierung haben sich im Kampf gegen Hassrede im Internet bewährt. Der gewonnene Erfahrungsschatz sollte für zukünftige Mechanismen im Bereich der Inhalte-Regulierung wegweisend sein.“

Martin Drechsler, FSM-Geschäftsführer

Martin Drechsler

Wissenstransfer aus dem Jugendmedienschutz

Mit kurzem Vorlauf hat die FSM vor vier Jahren Selbstkontrollmechanismen für NetzDG-Fälle aufgebaut. Hier profitierte sievon ihrer langjährigen Tätigkeit als etablierte und anerkannte Selbstkontrolleinrichtung im Jugendmedienschutz. Im Januar 2020 wurde die FSM entsprechend vom Bundesamt für Justiz (BfJ) als erste und einzige Einrichtung der Regulierten Selbstregulierung nach NetzDG anerkannt.

Plattformanbieter nutzten die Prüfung durch die FSM bei besonders schwer zu bewertenden Fällen (Ablauf des Prüfverfahrens s. Abb. rechts). Von März 2020 bis Ende Juni 2023 hat das FSM-Prüfgremium insgesamt 230 Fälle aus sozialen Netzwerken auf Rechtswidrigkeit geprüft. Inhalte, die von den NetzDG- Prüfausschüssen als rechtswidrig bewertet wurden (insgesamt 86 Fälle), wurden umgehend von den Anbietern entfernt.

NetzDG-Selbstkontrolle kurz erklärt

Mitglieder der FSM konnten bei ihnen gemeldete Online-Inhalte, die nicht eindeutig rechtswidrig und schwer juristisch zu bewerten sind, an das NetzDG-Prüfgremium übergeben: ein Expertengremium aus Juristinnen und Juristen, das unabhängig von den Plattformen und der FSM über die Fälle entschied. Die Entscheidungen und juristi­schen Begründungen wurden de­tail­liert festgehalten und sind in anonymisierter Form online ein­sehbar.

Qualitätsmerkmale der Regulierten Selbstregulierung

Aus der Praxis als staatlich anerkannte Einrichtung der Regulierten Selbstregulierung nach NetzDG kann die FSM folgende sechs Qualitätsmerkmale für eine rechtssichere Löschpraxis identifizieren:

  1. Die Einbeziehung unabhängiger Expertinnen und Experten ist eine wichtige Ergänzung der internen Arbeit von Plattformbetreibern.
  2. Bei rechtlich schwer zu bewertenden Fällen schaffen Mechanismen der Regulierten Selbstregulierung einen wertvollen Orientierungsrahmen.
  3. Die Aktualität der geprüften Fälle und die transparente Veröffentlichung der Entscheidungen geben Einblicke in neue Phänomene von Hassrede und deren rechtliche Bewertung.
  4. Die externe Prüfung von Inhalten kann helfen, Overblocking zu vermeiden.
  5. Etablierte Prüfmechanismen ermöglichen schnelle Abhilfe für Betroffene.
  6. Die rechtliche Privilegierung gibt Plattformen Rechtssicherheit beim Mitwirken in der Regulierten Selbstregulierung.

Im NetzDG Bewährt – beim DSA verpasst

Als Selbstkontrolleinrichtung nach NetzDG konnte die FSM wichtige Schnittstellen zwischen Unternehmen, Behörden und Politik bedienen. Mit dem Digital Services Act und dem Digitale-Dienste-Gesetz zur Durchführung des DSA hat die Politik bisher auf die Verankerung einer staatlich anerkannten Regulierten Selbstregulierung verzichtet. Damit fehlt nun vorerst eine wirksame Möglichkeit für Plattformen, auf rechtlich gesicherter Grundlage externe Expertise einzubeziehen.

Zukünftig wäre es denkbar das System der Regulierten Selbstregulierung auch über den Bereich von Hass und Hetze hinaus anzuwenden. So könnten ebenso die weiteren durch den DSA geregelten inhaltlichen Bereiche berücksichtigt werden.

„Die Einbeziehung von spezia­lisierten Anwältinnen und Anwälten in den NetzDG-Prüfausschüssen war einmalig und erfolgreich. Neben der Aktualität der Entscheidungen hat das FSM-Prüfgremium so auch die Unabhängigkeit von staatlichen Strukturen und Plattformanbietern garantiert.“

Rechtsanwältin Dr. Yvonne Kleinke, Mitglied im Geschäftsführenden Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft
Geistiges Eigentum & Medien im Deutschen Anwalt Verein und NetzDG-Prüferin

Insgesamt wurden 47 Fälle im Jahr 2023 von den Anbietern sozialer Netzwerke an die FSM übermittelt, über die der NetzDG-Prüfausschuss entschied. 20 der Beschwerden wurden als rechtswidrig bewertet und die entsprechenden Inhalte daraufhin entfernt. Zu Ende Juni 2023 wurde die Arbeit der NetzDG-Prüfungsausschüsse eingestellt.

 

Auf einen Blick

47

Fälle wurden 2023 geprüft,
davon wurden 20 als rechtswidrig bewertet.

66

Prüferinnen und Prüfer arbeiten 2023
für die NetzDG-Prüfausschüsse.

28

Fälle betrafen Äußerungsdelikte (§§ 185, 186, 187 StGB), davon 11 rechtswidrig.

13

Fälle betrafen Volksverhetzung (§ 130 StGB),
davon 4 rechtswidrig. 

8

Fälle betrafen Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§§ 86, 86a StGB), davon 5 rechtswidrig. 

ÜBER DAS NETZDG HINAUS bietet es sich an, das System der Regulierten Selbstregulierung weiterhin im Bereich von illegaler Hassrede vorzusehen – auch international.

Bildnachweis: andreas/Freepik

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